Keks und Frühling
Nachfolgende Geschichte ist frei erfunden.
Keks und Frühling
Ich wache auf und sehe ihn neben mir liegen. So liegt er schon seit vier Jahren neben mir. Morgens. Nachts bestimmt auch, aber das sehe ich nicht. Ich habe sehr früh damit aufgehört, die Menschen, die nachts neben mir liegen, zu beobachten. Man sieht einfach nicht vorteilhaft aus, wenn man schläft. Das will ich nicht sehen. Wer kam auf diesen Schwachsinn mit dem engelsgleichen Schlafgesicht?
Mir fällt auf, dass ich ihn nicht mehr liebe. Er macht die Augen auf und sieht, wie ich ihn anstarre. "Was ist?" fragt er schlaftrunken. "Ich liebe dich nicht mehr."
Sein Gesicht spricht mehr, als er sagen kann. Verschlafen sieht es aus, zerrissen und entsetzt. Es dauert etwas länger, als ich erwartet habe, bis die Worte in seinem Hirn landen und sich endlich festsetzen. "Hast du einen anderen?"
"Nein, ich habe keinen anderen. Ob ich jemanden liebe oder nicht, muss mir doch kein anderer sagen." Ich stehe auf, koche Kaffee und zünde mir eine Zigarette an. Ich muss die Fenster wieder putzen, fällt mir auf. "Musst du jetzt schon rauchen?" Er steht im Türrahmen, nur in Shorts, mit hängenden Schultern. "Ist das denn jetzt nicht egal?" frage ich zurück. Wir sitzen am Küchentisch, schweigen. Ich esse Kekse. "Ich verstehe das einfach nicht", sagt er. Er rauft sich die Haare, die nach der Nacht sowieso schon aussehen, als würden sie nicht zu ihm gehören. "Wie kannst du mich von einem auf den anderen Tag nicht mehr lieben?"
"Nicht von einem auf den anderen Tag. So wie sich Liebe entwickeln kann, so kann sie sich eben auch de-entwickeln."
"Und wie lange de-entwickelt sie sich schon?" Er ist gereizt. Ich merke es daran, wie er de-entwickelt in die Länge zieht.
"Es dauert eben manchmal länger, bis man zu seinen Gedanken und Gefühlen zurück findet", erkläre ich ihm. "Warum hast du nie etwas gesagt?"
"Ich habe doch etwas gesagt - du hast mir nie zugehört." In meinem Kaffee schwimmt ein Kekskrümel. "Das ist alles albern." Schlaf und Schock weichen und er findet langsam in seine Form zurück. "Mach mehr aus deinem Leben. Dann fällt dir auch nicht so ein Blödsinn ein." Er klingt altklug. "Eben. Damit fange ich ja gerade an."
Er ist weg. Endlich und für immer. Ich nehme einen kleinen Karton, packe alle seine Sachen ein und schreibe in Schönschrift seine Adresse darauf. Ich verlasse frisch geduscht das Haus, mit dem Karton unter dem Arm und gehe zur Post.
"Das kostet Sechsneunzig", sagt die Postfrau.
Ich schreibe in Schönschrift Porto zahlt Empfänger drauf.
Draußen empfängt mich warme Luft, es riecht nach Frühling und die Vögel zwitschern. Heute ist ein schöner Tag.
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Keks und Frühling
Ich wache auf und sehe ihn neben mir liegen. So liegt er schon seit vier Jahren neben mir. Morgens. Nachts bestimmt auch, aber das sehe ich nicht. Ich habe sehr früh damit aufgehört, die Menschen, die nachts neben mir liegen, zu beobachten. Man sieht einfach nicht vorteilhaft aus, wenn man schläft. Das will ich nicht sehen. Wer kam auf diesen Schwachsinn mit dem engelsgleichen Schlafgesicht?
Mir fällt auf, dass ich ihn nicht mehr liebe. Er macht die Augen auf und sieht, wie ich ihn anstarre. "Was ist?" fragt er schlaftrunken. "Ich liebe dich nicht mehr."
Sein Gesicht spricht mehr, als er sagen kann. Verschlafen sieht es aus, zerrissen und entsetzt. Es dauert etwas länger, als ich erwartet habe, bis die Worte in seinem Hirn landen und sich endlich festsetzen. "Hast du einen anderen?"
"Nein, ich habe keinen anderen. Ob ich jemanden liebe oder nicht, muss mir doch kein anderer sagen." Ich stehe auf, koche Kaffee und zünde mir eine Zigarette an. Ich muss die Fenster wieder putzen, fällt mir auf. "Musst du jetzt schon rauchen?" Er steht im Türrahmen, nur in Shorts, mit hängenden Schultern. "Ist das denn jetzt nicht egal?" frage ich zurück. Wir sitzen am Küchentisch, schweigen. Ich esse Kekse. "Ich verstehe das einfach nicht", sagt er. Er rauft sich die Haare, die nach der Nacht sowieso schon aussehen, als würden sie nicht zu ihm gehören. "Wie kannst du mich von einem auf den anderen Tag nicht mehr lieben?"
"Nicht von einem auf den anderen Tag. So wie sich Liebe entwickeln kann, so kann sie sich eben auch de-entwickeln."
"Und wie lange de-entwickelt sie sich schon?" Er ist gereizt. Ich merke es daran, wie er de-entwickelt in die Länge zieht.
"Es dauert eben manchmal länger, bis man zu seinen Gedanken und Gefühlen zurück findet", erkläre ich ihm. "Warum hast du nie etwas gesagt?"
"Ich habe doch etwas gesagt - du hast mir nie zugehört." In meinem Kaffee schwimmt ein Kekskrümel. "Das ist alles albern." Schlaf und Schock weichen und er findet langsam in seine Form zurück. "Mach mehr aus deinem Leben. Dann fällt dir auch nicht so ein Blödsinn ein." Er klingt altklug. "Eben. Damit fange ich ja gerade an."
Er ist weg. Endlich und für immer. Ich nehme einen kleinen Karton, packe alle seine Sachen ein und schreibe in Schönschrift seine Adresse darauf. Ich verlasse frisch geduscht das Haus, mit dem Karton unter dem Arm und gehe zur Post.
"Das kostet Sechsneunzig", sagt die Postfrau.
Ich schreibe in Schönschrift Porto zahlt Empfänger drauf.
Draußen empfängt mich warme Luft, es riecht nach Frühling und die Vögel zwitschern. Heute ist ein schöner Tag.
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Wortspiel - Aug 27, 10:46 - in Rubrik: 2_Schreibversuche