Der Psychokavalier
Nachfolgende Geschichte ist frei erfunden.
Der Psychokavalier
Ich bin entzückt. Vor meiner Tür liegt ein kleiner Strauß gelber Rosen. Wie süß. Ich habe einen heimlichen Verehrer, freue ich mich. Und so traditionell. Im Zeitalter von E-Mail und Handy sind Blumen etwas Besonderes. Verliebt in Mr. Unbekannt schwebe ich in meine Wohnung. Den ganzen Tag stelle ich mir vor, wie er aussieht. Natürlich hat er Charme und Humor und alle Latten am Zaun. Drei Tage später liegt wieder ein kleiner Strauß gelber Rosen vor meiner Tür. Neugierig suche ich nach einem Zettel, mit einem Gruß, einem Hinweis. Vergeblich. Nur der Strauß. Ich bin enttäuscht, aber die Vorstellung, wie ich bald den schönen Mr. Unbekannt persönlich kennen lerne, tröstet mich. Zwei Tage später wieder gelbe Rosen vor der Tür. Aber jetzt ist bestimmt ein Hinweis dabei, hoffe ich. Wieder nichts. Warum gibt er sich nicht zu erkennen? Eine Woche ist Ruhe, fast sind die Blumen vergessen. Doch dann: Gelbe Rosen. Ich bin mir sicher: Er ist ein Psychopath, der mich von irgendwo heimlich beobachtet. Woher weiß er, wo ich wohne? Woher weiß er, wann ich weg bin? Ich überlege, mir einen attraktiven Freund für kurze Zeit zu besorgen. Bei einem Escort-Service. Das wäre vielleicht eine gute Abschreckung. Vier Tage später – gelbe Rosen. Ich stelle mir vor, wie der attraktive Gemietete den Rosenkavalier stellt. Ich verliebe mich in meinen Mietfreund und er sich in mich. In einer anderen Version ist der Rosenmann kein Psychopath, sondern schüchtern, aber trotzdem toll. Der Rosenmann und ich verlieben uns ineinander, der Mietfreund muss traurig abziehen. Dann, nach drei Tagen, wieder gelbe Rosen. Ich bin völlig wirr. Ich schwinge zwischen Grusel und Traum. Meine Freundinnen sind wegen der Blumen mittlerweile genauso aufgeregt wie ich. Alle möglichen Varianten werden besprochen, Theorien bewiesen und Interpretationen aufgestellt.
Eines morgens um halb acht klingelt es an meiner Tür. Ich öffne und blicke schlaftrunken in einen kleinen Strauß gelber Rosen. Meine Gehbehinderte Nachbarin hält ihn mir entgegen. „Endlich treffe ich sie mal persönlich.", sagt sie und drückt mir die Blumen in die Hand. „Weil sie doch immer meinen Müll mitnehmen, wenn ich ihn vor meine Tür stelle.“
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Der Psychokavalier
Ich bin entzückt. Vor meiner Tür liegt ein kleiner Strauß gelber Rosen. Wie süß. Ich habe einen heimlichen Verehrer, freue ich mich. Und so traditionell. Im Zeitalter von E-Mail und Handy sind Blumen etwas Besonderes. Verliebt in Mr. Unbekannt schwebe ich in meine Wohnung. Den ganzen Tag stelle ich mir vor, wie er aussieht. Natürlich hat er Charme und Humor und alle Latten am Zaun. Drei Tage später liegt wieder ein kleiner Strauß gelber Rosen vor meiner Tür. Neugierig suche ich nach einem Zettel, mit einem Gruß, einem Hinweis. Vergeblich. Nur der Strauß. Ich bin enttäuscht, aber die Vorstellung, wie ich bald den schönen Mr. Unbekannt persönlich kennen lerne, tröstet mich. Zwei Tage später wieder gelbe Rosen vor der Tür. Aber jetzt ist bestimmt ein Hinweis dabei, hoffe ich. Wieder nichts. Warum gibt er sich nicht zu erkennen? Eine Woche ist Ruhe, fast sind die Blumen vergessen. Doch dann: Gelbe Rosen. Ich bin mir sicher: Er ist ein Psychopath, der mich von irgendwo heimlich beobachtet. Woher weiß er, wo ich wohne? Woher weiß er, wann ich weg bin? Ich überlege, mir einen attraktiven Freund für kurze Zeit zu besorgen. Bei einem Escort-Service. Das wäre vielleicht eine gute Abschreckung. Vier Tage später – gelbe Rosen. Ich stelle mir vor, wie der attraktive Gemietete den Rosenkavalier stellt. Ich verliebe mich in meinen Mietfreund und er sich in mich. In einer anderen Version ist der Rosenmann kein Psychopath, sondern schüchtern, aber trotzdem toll. Der Rosenmann und ich verlieben uns ineinander, der Mietfreund muss traurig abziehen. Dann, nach drei Tagen, wieder gelbe Rosen. Ich bin völlig wirr. Ich schwinge zwischen Grusel und Traum. Meine Freundinnen sind wegen der Blumen mittlerweile genauso aufgeregt wie ich. Alle möglichen Varianten werden besprochen, Theorien bewiesen und Interpretationen aufgestellt.
Eines morgens um halb acht klingelt es an meiner Tür. Ich öffne und blicke schlaftrunken in einen kleinen Strauß gelber Rosen. Meine Gehbehinderte Nachbarin hält ihn mir entgegen. „Endlich treffe ich sie mal persönlich.", sagt sie und drückt mir die Blumen in die Hand. „Weil sie doch immer meinen Müll mitnehmen, wenn ich ihn vor meine Tür stelle.“
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Wortspiel - Okt 5, 20:00 - in Rubrik: 2_Schreibversuche